Ausgangslage und Ziel der Methode
ZMET ist die Abkürzung für Zaltman Metaphor Elicitation Technique, benannt nach Gerald Zaltman, der sie in den frühen 90er Jahren an der Harvard Business School entwickelt hat. Die Methode hat ihren Ursprung in der Marketingforschung und wurde zunächst für Untersuchung der Wahrnehmung von Marken und Produkten durch Kunden auf Basis von semi-strukturierten Tiefeninterviews eingesetzt.
Das Ziel der Interviews ist ein tiefes Verständnis der Gedanken und Gefühle der Befragten zu einem bestimmten Untersuchungsgegenstand zu erlangen. Oftmals geht es hierbei um die Wahrnehmung einer Marke; gleichwohl haben wir die Methode – soweit uns bekannt ist erstmals – zur Bestimmung einer Organisationsidentität eingesetzt. Die projektive Technik mit Bildern, welche die Interviewpartner:innen zum Gespräch mitbringen, führt tief verankerte kognitive und symbolische Elemente, die mit der Identität verbunden sind, zu Tage. Was ist die Geschichte hinter jedem Bild? lautet die Eingangsfrage. Basierend darauf werden die den Bildern hinterlegten Konstrukte und Metaphern transparent, individuelle Sichtweisen explizit. Ziel der Methode in unserem Fall ist die Erarbeitung eines gemeinsamen Verständnisses der Organisationsidentität (oder auch unterschiedlichen Identitäten), um damit bestehende Entwicklungsprozesse im Unternehmen zu flankieren.
Vorgehensweise
Das ZMET-Verfahren beginnt mit der Auswahl von in der Regel 6-8 verschiedenen Bildern durch die befragte Person ein bis zwei Wochen vor dem Interview. Die Bilder sollen Assoziationen der Befragten zu der Frage „Was sind Ihre Gedanken und Gefühle zu …?“ darstellen. Die Quellen können vielfältig sein: eigene Fotos, Ausschnitte aus Zeitschriften, Bücher, Internetausdrucke, eigene Skizzen etc.. In ein- bis zweistündigen Interviews werden dann aufder Grundlage der mitgebrachten Bilder detaillierte Fragen gestellt. Abschließend wird die befragte Person gebeten,aus allen oder ausgewählten Bildern eine Collage zu erstellen. Die Methode hilft, ein ganzheitliches Verständnis der mentalen Modelle der Organisationsmitglieder zu gewinnen.
Die ein- bis zweistündigen Interviews folgen einem klaren Ablauf:
1. Storytelling: Wie ist die Geschichte hinter den Bildern?
2. Lücke: Wofür hast du kein Bild gefunden?
3. Sortieraufgabe: Sortiere die Bilder in Stapel und benenne sie.
4. Exploration der Konstrukte: Welche Konstrukte stehen dahinter?
5. Repräsentanz: Welches Bild repräsentiert deine Gefühle am besten?
6. Gegensatz: Welche ist womöglich das gegensätzlichste Bild?
7. Sensorische Bilder: Welche Sinne werden angesprochen, was hörst du zum Beispiel, was riechst du, wie fühlt es sich an?
8. Mentale Karte: Illustriere die Verbindungen zwischen den Konstrukten.
9. Collage: Kreiere ein Bild aus allen mitgebrachten Bildern zusammen.
In der Praxis
Im Rahmen des DigEn-Projekts haben wir die ZMET-Methode mit unserem Projektpartner Redeleit & Junker, einer Agentur für Kommunikationsdesign und Markenentwicklung in Lüneburg, angewendet. Die Agentur zeichnet sich durch einen hohen Nachhaltigkeitsanspruch aus: „Es geht uns nicht – oder nicht allein – darum, die beste Agentur der Welt zu sein, sondern vielmehr die beste Agentur FÜR die Welt zu sein.“ heißt es auf der Firmenwebseite. Dafür hat sich die Agentur u.a. als B Corporation zertifizieren lassen und beweist damit hohe ökologische und soziale Standards. Dieser Praxisfall ist auch deswegen so interessant, da sich die Agentur in einer Branche bewegt, die nicht instinktiv mit einem besonders ausgeprägten nachhaltigen Wertekanon assoziiert wird: Im Gegenteil wird im Zusammenhang mit Digitalmarketing, SEO Optimierung, Data-Driven-Marketing etc. häufig von Goldgräberstimmung berichtet, deren Fokus allein auf der Ausbeutung des Datenschatzes liegt.
Spiegelt sich dennoch der kommunizierte Anspruch unseres Projektpartners auch in der Organisationsidentität wieder? Und wenn ja, wodurch zeichnet sich diese aus? Um diese Fragen mithilfe der ZMET-Methode zu untersuchen, haben wir alle Mitarbeiter sowie mehrere Kunden derAgentur gebeten, 6-8 Bilder zu der Frage „Was sind deine Gefühle und Gedanken zur Identität von Redeleit und Junker“ auszuwählen. Anschließend haben wir individuelle, 1- bis 2-stündige Tiefeninterviews entlang der o.g. ZMET-Fragen geführt.
Im Hinblick auf den Methodeneinsatz konnten wir feststellen, dass sich ZMET hervorragend auch für die Bestimmung der Organisationsidentität anwenden lässt. In Bezug auf das inhaltliche Ergebnis war es spannend zu sehen, dass sich hier ein gänzlich homogenes, sehr wertebasiertes Bild einer Organisationsidentität abzeichnet. Im Rahmen unseres Forschungsprojektes werden wir im Folgenden die dahinter liegenden Mechanismen untersuchen.
Weitere Informationen:
- Redeleit + Junker
- Gerald Zaltman: „Understanding your customers‘ minds“
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