Ausgangslage und Ziel der Methode

Die Einführung und Aufrechterhaltung einer kohärenten Preisstrategie ist für Unternehmen durch den direkten Zusammenhang zwischen Preis und Nachfrage ein wesentlicher Faktor für langfristigen Unternehmenserfolg. Das generelle Preisniveau eines Produkts wird dabei meist durch seine Kostenstruktur festgelegt – die Preisendung wird jedoch oft „aus dem Bauch heraus“ festgelegt, z.B. 6,95€ vs. 6,99€ vs. 7,00€ vs. 7,19€. Aus der Forschung wissen wir jedoch, dass verschiedene Preisendungen verschiedene Wirkungen bei KonsumentInnen erzielen können – so werden Produkte mit ,00 Preisendung als qualitativ hochwertiger wahrgenommen („Quality Image“), während Produkte mit ,99er Endung als günstiger wahrgenommen werden („Price Image“). Mit unserer Methode zur Analyse von Preiswirkung und Produktwahrnehmung werden die derzeitigen Preisstrukturen und -darstellungen eines Unternehmens überprüft und Optimierungspotentiale aufgezeigt.

Vorgehensweise

Eine ganzheitliche Analyse von Preiswirkungen und Produktwahrnehmung durch KonsumentInnen erfordert verschiedene aufeinanderfolgende Prozesse. Grundsätzlich sind zur Anwendung der Methode vier Schritte notwendig: (1) Analyse des Status Quo, (2) Festlegung der Ziele und Forschungsdesigns, (3) Durchführung der Forschung, (4) Ableitung von Handlungsempfehlungen. Nachfolgend werden diese Schritte näher erläutert.

1. Analyse des Status Quo

Zu Beginn des Prozesses steht die Erfassung der aktuellen Produktpreisstruktur, falls nötig auch differenziert nach Vertriebskanälen und (Zwischen-)Händlern. Des Weiteren sollte die Preisdarstellung erfasst werden, z.B. hinsichtlich Schriftgröße, Farbe, oder der Darstellung von Vergleichs- und Angebotspreisen. Folgende Leitfragen können in diesem Prozessschritt hilfreich sein:

  • Welche Produkte werden aktuell zu welchen Preisen auf welchen Kanälen angeboten?
  • Wie stehen die Preise für die gesamte Produktpalette im Verhältnis zueinander? Gibt es innerhalb der eigenen Produktpalette „Kannibalisierungseffekte“?
  • Welches Ziel wird mit der aktuellen Preissetzung verfolgt? Ist die Preisstrategie insgesamt und über Kanäle hinweg stimmig? Weswegen wurden welche Preisendungen gewählt?

Als Ergebnis dieses ersten Schrittes sollte eine umfassende Übersicht über Produktpreise, Preisdarstellungen, Vertriebskanäle, sowie Motivationen hinter der aktuellen Preisstrategie gewonnen worden sein.

2. Festlegung der Ziele und Forschungsdesigns

In diesem zweiten Schritt sollen, basierend auf der Übersicht aus Schritt 1, Potentiale für eine Änderung von Preisniveaus, -endungen, oder -darstellungen festgelegt werden und konkrete Forschungsdesigns zur Messung der daraus resultierenden Effekte geplant werden. Folgende Leitfragen können in diesem Prozessschritt hilfreich sein:

  • In welchen Bereichen sind wir zu Preisanpassungen bereit?
  • Welche Preisniveaus sind für unsere Kostenstruktur und Marktposition darstellbar?
  • Welche konkreten Preisniveaus und -endungen möchten wir gegeneinander testen?
  • Wie können wir die Preisdarstellung verändern, und welche Möglichkeiten möchten wir wissenschaftlich evaluieren?
  • Auf welchen Dimensionen möchten wir die Preise vergleichen? (z.B.: Qualität, Sparwahrnehmung, Fairness, Kaufbereitschaft, Zahlungsbereitschaft)
  • Welche Ziele verfolgen wir mit einer neuen Preisstrategie?

Als Ergebnis dieses zweiten Schrittes sollten konkrete Forschungsfragen und Studiendesigns resultieren. Möglich sind hierbei Onlineexperimente, Laborexperimente, Feldstudien, oder Fokusgruppen und qualitative Interviews.

3. Durchführung der Forschung

In diesem Schritt werden Daten erhoben und mit inferenzstatistischen Verfahren oder qualitativen Methoden analysiert. Die in Schritt 2) definierten Dimensionen werden mithilfe von Fragebögen erfasst und systematische Effekte erforscht.

Als Ergebnis dieses Schrittes sollten konkrete Effekte verschiedener Preisniveaus, -endungen, oder -darstellungen auf die für die Kaufentscheidung relevanten Konstrukte, wie z.B. Qualitätswahrnehmung, Kaufbereitschaft, oder Zahlungsbereitschaft aufgezeigt werden.

4. Ableitung von Handlungsempfehlungen

Basierend auf den Ergebnissen aus Schritt 3) werden nun konkrete Potentiale zur Erreichung der zuvor spezifizierten Ziele identifiziert und entsprechende Handlungsempfehlungen abgeleitet. Idealerweise folgt eine weitere Phase mit A-/B-Tests im Feld, um die experimentellen Erkenntnisse zur Preiswirkung in realen Kaufsituationen zu bestätigen.

In der Praxis

In Kooperation mit HEYHO, einem Lüneburger Social Start-Up mit knapp 30 Mitarbeitenden im Lebensmittelsektor, haben wir verschiedene Preisniveaus und -endungen sowie Preisdarstellungen experimentell erprobt. Seit der Gründung 2016 wurden die internen Produktpreisstrukturen nicht überarbeitet, und auch die Produktpräsentation auf der Website wurde seitdem kaum verändert. In der Kooperation wurden nun die derzeitigen Preisstrukturen und -darstellungen überprüft und Optimierungspotentiale aufgezeigt. Als zentrale Handlungsempfehlung wurde die Darstellung von Referenzpreisen und Einsparpotentialen für KundInnen beim Kauf von Vorteilspackungen auf der unternehmenseigenen Website erarbeitet.

„Die Zusammenarbeit war sehr erkenntnisreich und hat uns bei unserer Pricing-Strategy sehr weitergeholfen. Es ist wichtig, dass Wissenschaft und Praxis im Bereich des digitalen Unternehmertums eng zusammenarbeiten“

Christian Schmidt (Gründer von HEYHO)

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